Im Rahmen der Nacht der Museen Hannover 2025 tritt der amerikanische Klangkünstler Paul Brody mit seinem Projekt Poetry Electric auf. Poetry Electric ist ein Projekt, welches gesprochenes Wort und Alltagsgeräusche in eine elektroakustische Performance integriert.
Welche Klänge, Melodien und Wörter verbindet Ihr mit dem jüdischen Alltag?
Diese Frage stellte Brody jüdischen Menschen aus dem aschkenasischen Kulturraum. Die daraus entstandenen Interviews, Melodien und Geräusche verarbeitet er auszugsweise in eine ambientale Musikkomposition. Akustische Geräusche werden mit elektronischen Elementen vermischt und gelegentlich durch Brodys Trompetensolo live untermalt.
HINTERGRÜNDE
Das Jüdische Museum Berlin lud mich einmal zu einer Veranstaltung ein, bei der Künstlerinnen und Künstler gebeten wurden, über ihr kulturelles Erbe zu sprechen – anhand eines Gegenstands, den sie mit dem Jüdischsein assoziierten. Ich bin säkular aufgewachsen und begann erst mit kleinen Kindern, religiöse Praktiken in mein Leben zu integrieren. Eine Menora oder einen Gebetsschal mitzubringen, fühlte sich für mich nicht richtig an, also riss ich stattdessen ein Blatt Notenpapier aus meinem Notizbuch und skizzierte ein grobes Fragezeichen. Fragen spielten eine zentrale Rolle in meiner Erfahrung mit der jüdischen Kultur; von meinen frühen Torastudien bis hin zu meiner Freude an jüdischen Komikern: Hast du Recht? Habe ich Unrecht? Und, so erinnerte ich mich damals, Hillel der Ältere nutzte Fragen, um uns von einer humanistischen Lektion zur nächsten zu führen:
Wenn ich nur für mich selbst bin, was bin ich?
Wenn ich nur für andere bin, wer wird dann für mich sein?
Und wenn nicht jetzt, wann dann?
Es ist faszinierend zu sehen, wie sich meine Antworten auf diese Fragen im Laufe der Jahre verändert haben. Als Klangkünstler finde ich Trost im Reich der Fragen. Mit der kleinsten melodischen Nuance kann Musik die Frage verkörpern, ohne eine konkrete Antwort zu verlangen. Wie das Rondo oder das Konzert ist Hillels Lehre, diese Architektur der Fragen, zu einer musikalischen Form geworden, die mir das Gefühl von Freiheit gibt.
Paul Brody (Mai 2025)
Mehr Informationen zur Nacht der Museen in der Villa Seligmann erhalten Sie hier.