24. 04. 2023 - News

Historisches Ereignis: Kunstwerke der Originalausstattung zurückgekehrt!

Nach 92 Jahren kehren die Gemälde “Das Schmecken”, “Das Sehen” und “Das Hören” an ihren ursprünglichen Hängeplatz in die Villa Seligmann zurück.

 

Exklusiv für die neue Familienresidenz von Siegmund Seligmann schuf der Maler Ferdinand Wagner 1906 das Gemäldekonvolut “Die fünf Sinne”. Die neobarocken Frauenallegorien gehörten bis 1931 zur Originalausstattung der Villa. Nach 92 Jahren kehrten die drei erhaltenen großformatigen Ölgemälde an ihren ursprünglichen Hängeplatz in die Große Halle der Villa Seligmann zurück.


Das Sehen, 1906, Öl auf Leinwand auf Holz, ca. 239 x 139 cm

Das Schmecken, 1906, Öl auf Leinwand auf Holz, ca. 238 x 198 cm

Das Hören, 1906, Öl auf Leinwand auf Holz, ca. 238 x 190 cm


Die Rückkehr wurde in einer Pressekonferenz u. a. mit der Teilnahme des Niedersächsischen Kulturministers Falko Mohrs am 18. April 2023 bekanntgegeben und mit einem Festakt am 20. April 2023 gefeiert.

Der Ankauf der Gemälde wurde durch fünf Förderer ermöglicht:
Niedersächsische Sparkassenstiftung
Stiftung Niedersachsen
Kulturstiftung der Länder
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
S-HannoverStiftung

Die Gemälde können in Verbindung mit dem Besuch der Veranstaltungen der Villa Seligmann besichtigt werden.

Die drei Sinne in der Villa Seligmann

Die Villa Seligmann wurde von 1905 bis 1906 nach Plänen des hannoverschen Architekten Hermann Schaedtler für Siegmund Seligmann (1853-1925) als Familienresidenz errichtet. Siegmund Seligmann war Kaufmann, Unternehmer und der erste Generaldirektor der Continental AG in Hannover, die unter seiner Führung zu einem der größten Gummi- und Reifenproduzenten Deutschlands aufstieg.

Geschichte

Bis 1931 verblieb die Villa im Eigentum der Familie Seligmann, im gleichen Jahr veräußerte Seligmanns Witwe Johanna zahlreiche Kunst- und Wertgegenstände aus dem Hausinventar, darunter die Sinnesallegorien Wagners. In der Versteigerung von November 1931 gingen die „Fünf Sinne“ in den Besitz eines befreundeten Fabrikanten und verblieben im Familienbesitz der Familie in Hannover. Zwei der fünf Allegorien („Das Tasten“ und „Das Riechen“) wurden im Haus des neuen Eigentümers im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die drei erhaltenen Gemälde tragen die Titel „Das Hören“, „Das Sehen“ und „Das Schmecken“.

2006 erwarb die Siegmund Seligmann Stiftung die Villa, seit 2012 ist sie als Haus für jüdische Musik ein Ort der lebendigen jüdischen Kultur. Bei der Restaurierung der Villa wurden an den Wänden im Treppenhaus bewusst Flächen für Wagners Wandbilder frei gelassen. Mit dem Ankauf der drei Wandgemälde führt die Villa Seligmann die Werke nun an ihren ursprünglichen Ausstellungsort zurück und kann so einen zentralen Teil der historischen Ausstattung rekonstruieren.

Der 1867/68 in Italien ausgebildete Historienmaler Ferdinand Wagner war auf großformatige Wandmalereien spezialisiert. Seine Arbeiten waren zumeist wandfeste, immobile Kunstwerke oder großformatige Ölgemälde, die für vorab definierte Ausstellungsorte gefertigt wurden. Der Großteil seiner Werke ging durch Kriegsschäden verloren. Heute noch erhalten sind unter anderem das Deckengemälde im Festsaal von Schloss Bückeburg, die Dekoration des Großen Saales im Münchner Hofbräuhaus und Darstellungen im Turmsaal des Neuen Rathauses in Hamburg. Er zählte zu den führenden Malern seiner Zeit, die für Schlösser des Adels und Bauten des Kaiserreiches Dekorationsmalereien fertigten.

„Die Villa Seligmann ist eines der wenigen Zeugnisse jüdisch-bürgerlichen Lebens in Hannover aus der Zeit vor dem Holocaust. Mit dem Ankauf dreier Gemälde von Ferdinand Wagner wird die Ausstattung um wichtige Zeugnisse ergänzt. Die Villa Seligmann steht damit exemplarisch für ein repräsentatives Wohnhaus des deutsch-jüdischen Großbürgertums in der Kaiserzeit, in dem heute jüdische Kultur gepflegt und an den deutsch-jüdischen Unternehmer Siegmund Seligmann und das jüdische Leben in Hannover erinnert wird.“
(Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder)

Quelle: Pressemitteilung der Kulturstiftung der Länder vom 18.04.2023