Die drei Sinne in der Villa SeligmannNach 92 Jah­ren keh­ren die Gemäl­de “Das Schme­cken”, “Das Sehen” und “Das Hören” an ihren ursprüng­li­chen Hän­ge­platz in die Vil­la Selig­mann zurück.

Exklu­siv für die neue Fami­li­en­re­si­denz von Sieg­mund Selig­mann schuf der Maler Fer­di­nand Wag­ner 1906 das Gemäl­de­kon­vo­lut “Die fünf Sin­ne”. Die neo­ba­ro­cken Frau­en­al­le­go­rien gehör­ten bis 1931 zur Ori­gi­nal­aus­stat­tung der Vil­la. Nach 92 Jah­ren kehr­ten die drei erhal­te­nen groß­for­ma­ti­gen Ölge­mäl­de an ihren ursprüng­li­chen Hän­ge­platz in die Gro­ße Hal­le der Vil­la Selig­mann zurück.


Das Sehen, 1906, Öl auf Lein­wand auf Holz, ca. 239 x 139 cm

Das Schme­cken, 1906, Öl auf Lein­wand auf Holz, ca. 238 x 198 cm

Das Hören, 1906, Öl auf Lein­wand auf Holz, ca. 238 x 190 cm


Die Rück­kehr wur­de in einer Pres­se­kon­fe­renz u. a. mit der Teil­nah­me des Nie­der­säch­si­schen Kul­tur­mi­nis­ters Fal­ko Mohrs am 18. April 2023 bekannt­ge­ge­ben und mit einem Fest­akt am 20. April 2023 gefeiert.

Der Ankauf der Gemäl­de wur­de durch fünf För­de­rer ermöglicht:
Nie­der­säch­si­sche Sparkassenstiftung
Stif­tung Niedersachsen
Kul­tur­stif­tung der Länder
Nie­der­säch­si­sches Minis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Kultur
S‑HannoverStiftung

Die Gemäl­de kön­nen in Ver­bin­dung mit dem Besuch der Ver­an­stal­tun­gen der Vil­la Selig­mann besich­tigt werden.

 

Pres­se­stim­men / Bil­der­ga­le­rie:

HAZ.de: Vil­la Selig­mann erhält drei Bil­der von Fer­di­nand Wag­ner (18.04.2023)

BILD.de: XXL-Gemäl­de keh­ren nach 92 Jah­ren zurück (18.04.2023)

NDR.de: Gemäl­de von Fer­di­nand Wag­ner sind zurück (19.04.2023)

HAZ: Sehen, hören schme­cken, stif­ten (19.04.2023)

Nobi­lis: Die Musen [Sin­ne] sind in der Vil­la Seligmann

 

Die Vil­la Selig­mann wur­de von 1905 bis 1906 nach Plä­nen des han­no­ver­schen Archi­tek­ten Her­mann Schaedt­ler für Sieg­mund Selig­mann (1853–1925) als Fami­li­en­re­si­denz errich­tet. Sieg­mund Selig­mann war Kauf­mann, Unter­neh­mer und der ers­te Gene­ral­di­rek­tor der Con­ti­nen­tal AG in Han­no­ver, die unter sei­ner Füh­rung zu einem der größ­ten Gum­mi- und Rei­fen­pro­du­zen­ten Deutsch­lands aufstieg.

Bis 1931 ver­blieb die Vil­la im Eigen­tum der Fami­lie Selig­mann, im glei­chen Jahr ver­äu­ßer­te Selig­manns Wit­we Johan­na zahl­rei­che Kunst- und Wert­ge­gen­stän­de aus dem Haus­in­ven­tar, dar­un­ter die Sin­nes­al­le­go­rien Wag­ners. In der Ver­stei­ge­rung von Novem­ber 1931 gin­gen die „Fünf Sin­ne“ in den Besitz eines befreun­de­ten Fabri­kan­ten und ver­blie­ben im Fami­li­en­be­sitz der Fami­lie in Han­no­ver. Zwei der fünf Alle­go­rien („Das Tas­ten“ und „Das Rie­chen“) wur­den im Haus des neu­en Eigen­tü­mers im Zwei­ten Welt­krieg zer­stört. Die drei erhal­te­nen Gemäl­de tra­gen die Titel „Das Hören“, „Das Sehen“ und „Das Schmecken“.

2006 erwarb die Sieg­mund Selig­mann Stif­tung die Vil­la, seit 2012 ist sie als Haus für jüdi­sche Musik ein Ort der leben­di­gen jüdi­schen Kul­tur. Bei der Restau­rie­rung der Vil­la wur­den an den Wän­den im Trep­pen­haus bewusst Flä­chen für Wag­ners Wand­bil­der frei gelas­sen. Mit dem Ankauf der drei Wand­ge­mäl­de führt die Vil­la Selig­mann die Wer­ke nun an ihren ursprüng­li­chen Aus­stel­lungs­ort zurück und kann so einen zen­tra­len Teil der his­to­ri­schen Aus­stat­tung rekonstruieren.

Der 1867/68 in Ita­li­en aus­ge­bil­de­te His­to­ri­en­ma­ler Fer­di­nand Wag­ner war auf groß­for­ma­ti­ge Wand­ma­le­rei­en spe­zia­li­siert. Sei­ne Arbei­ten waren zumeist wand­fes­te, immo­bi­le Kunst­wer­ke oder groß­for­ma­ti­ge Ölge­mäl­de, die für vor­ab defi­nier­te Aus­stel­lungs­or­te gefer­tigt wur­den. Der Groß­teil sei­ner Wer­ke ging durch Kriegs­schä­den ver­lo­ren. Heu­te noch erhal­ten sind unter ande­rem das Decken­ge­mäl­de im Fest­saal von Schloss Bücke­burg, die Deko­ra­ti­on des Gro­ßen Saa­les im Münch­ner Hof­bräu­haus und Dar­stel­lun­gen im Turm­saal des Neu­en Rat­hau­ses in Ham­burg. Er zähl­te zu den füh­ren­den Malern sei­ner Zeit, die für Schlös­ser des Adels und Bau­ten des Kai­ser­rei­ches Deko­ra­ti­ons­ma­le­rei­en fertigten.

Die Vil­la Selig­mann ist eines der weni­gen Zeug­nis­se jüdisch-bür­ger­li­chen Lebens in Han­no­ver aus der Zeit vor dem Holo­caust. Mit dem Ankauf drei­er Gemäl­de von Fer­di­nand Wag­ner wird die Aus­stat­tung um wich­ti­ge Zeug­nis­se ergänzt. Die Vil­la Selig­mann steht damit exem­pla­risch für ein reprä­sen­ta­ti­ves Wohn­haus des deutsch-jüdi­schen Groß­bür­ger­tums in der Kai­ser­zeit, in dem heu­te jüdi­sche Kul­tur gepflegt und an den deutsch-jüdi­schen Unter­neh­mer Sieg­mund Selig­mann und das jüdi­sche Leben in Han­no­ver erin­nert wird.“
(Prof. Dr. Mar­kus Hil­gert, Gene­ral­se­kre­tär der Kul­tur­stif­tung der Länder)

Quel­le: Pres­se­mit­tei­lung der Kul­tur­stif­tung der Län­der vom 18.04.2023